Ein Blog aus Hamburg über Hamburg. Eine humorvolle Betrachtung des alltäglichen Treibens. Es geht um die Menschen und die Ereignisse in der Hansestadt. Die komischen Menschen und die komischen Ereignisse. Kleine Ereignisse in der großen Stadt. Leise Töne in einer lauten Umgebung. Amüsant, unterhaltend, manchmal wirr. Eben 'Tüdelkram from Hamburg'.



8. November 2015

Handy hoch drei

Es ist wohl mehr als überflüssig zu erwähnen, dass Smartphones aus unserem Leben nicht mehr weg zu denken sind. Menschen, die weit vor der letzten Jahrtausendwende geboren sind, können sich kaum noch vorstellen, geschweige denn erklären, wie ein Leben ohne Mobiltelefon überhaupt funktionieren konnte.
Wenn ich alleine daran denke, wie ich vor Jahren aufgrund einer Verabredung irgendwo einfach so auf irgendwen gewartet habe. Einfach so. Ohne Liveticker seiner Anfahrt. Muss man sich mal vorstellen! Da stand ich da und hatte keinerlei (!) Informationen darüber, wo sich der andere gerade aufhielt. Wahnsinn! Dass derjenige überhaupt unterwegs war, erfuhr ich erst durch sein Erscheinen. Irre!
Da ist es fast beruhigend zu sehen (oder viel mehr: zu hören), dass auch andere Menschen zu Sklaven ihrer Telefone geworden sind...





Quelle: google.de 

Handysituation 1:
Unterwegs mit der U1 von Fuhlsbüttel bis Lattenkamp. Ein Business-Kasper hat sich in einer Vierer-Sitzecke dermaßen breit gemacht, dass man denken könnte, er denkt, dass sich tatsächlich jemand neben ihn setzen möchte. Sein Handy hat er bereits am Ohr.
Das Telefonat ist selbstverständlich beruflicher Natur. Es geht um Castrol Öl. Nicht die Firma an sich, aber deren Produkt. Säckeweise...Pardon...literweise will der Kasper das schwarze Zeug einkaufen. Am anderen Ende ein weiblicher Gesprächspartner, den der Kasper offenbar schon länger und/oder etwas besser kennt. Das Gespräch wirkt recht vertraulich und alsbald fällt folgender Satz:
"Du...es wäre super, wenn Du mir zu diesem Angebot noch mal kurz ´ne Mail schicken würdest. Irgendwas in Richtung "Blabla...wie heute besprochen, und so weiter". Aber nicht zu persönlich, okay? Ganz sachlich und neutral. Die Mails werden alle von der Geschäftsleitung mitgelesen. Muss ja nicht sein, dass die merken, dass wir uns so gut kennen."

So...bis hierhin denkt sich der/die/das Leser sicherlich "Ja, und?". Und das völlig zu Recht.
Wie also kann es sein, dass es diese Situation in den Blog geschafft hat?
Nun ja...unser Kasper, unser Einkäufer des Jahres, unser Business-Blödie des Tages macht jetzt einen kleinen, aber fatalen Fehler. Sozusagen schlechtes Time-Management. Miese Priorisierung.
Denn er brüllt JETZT seine E-Mail-Adresse durch´s Abteil!

Nehmen wir doch nur zum Spaß mal an, jemand wäre Zeuge dieses Telefonats gewesen, der einen ziemlich kranken Humor hat. Jemand wie ich zum Beispiel.
Rein theoretisch (!) könnte dieser jemand doch nun über sein Smartphone ins E-Mail-Postfach gehen, eine neue Nachricht öffnen, Bilder von kopulierenden Lebewesen verschiedener Rassen (z.B. Mensch und Pferd) anhängen, in die Betreff-Zeile "wie bestellt" schreiben und das Ding dann an die soeben vernommene Adresse schicken.
Alternativ gingen natürlich auch Bilder von sehr hässlichen und/oder sehr übergewichtigen Menschen (Experten-Tipp: am besten beides!) mit dem Kommentar "Sieht Dein blöder Chef ungefähr so aus???". Diese Nachricht kann dann noch nach Belieben mit zwinkernden oder lachenden Smileys garniert werden.

Handysituation 2:
Unterwegs mit der S1 von Kornweg bis Hasselbrook. Ein männlicher Telefonsklave um die 40 erregt mein Aufsehen. Auffällige Kleidung, lautes Telefonat, ausladende Gesten. Einfach alles an ihm schien zu schreien: HIER BIN ICH! SCHAUT MICH AN!
Nun gut, dachte ich mir, mache ich.

Zunächst verhielt er sich noch den Umständen entsprechend unauffällig. Blabla am Handy. Ab und an ein "Digga". Nichts besonderes.
Aber Moment, was war das? Da, schon wieder!
Na klar! Unser kleiner Nazi...Pardon...Narzisst sah unentwegt in die Scheibe, die aufgrund der Dunkelheit außerhalb der Bahn wie ein Spiegel wirkte.
Da, schon wieder! Und kurz danach glitt dann auch schon die Hand über den Kopf.
Ich finde es ja grundsätzlich schon ziemlich befremdlich, wenn Leute sich alle zwei Minuten im Spiegel betrachten müssen. Aber auch noch während eines Telefonats?
Nun gut...der/die/das Leser denkt jetzt eventuell erneut "Ja, und?".
Ich mache es kurz: der Typ hatte eine GLATZE!
Mit anderen Worten: es gab da nichts, was er mal eben so auf die Schnelle an seinem Äußeren hätte verändern können. Dennoch hatte er insgesamt 12 Mal (in Worten: zwölf) innerhalb von 15 Minuten das Bedürfnis, sich selbst anzusehen. Jeweils mindestens fünf Sekunden. Und dreimal strich er sich nach dem selbstverliebten Blick über die nicht vorhandenen Haare. Phantomschmerz?
Tja, wo die Liebe hinfällt...

Handysituation 3:
Zwei junge Mädels stürmen eine Bahn. Um es gleich vorweg zu nehmen: ich weiß nicht mehr, welche es war. Ich glaube, die U1 Richtung Norden. Auch egal.
Die Damen waren von der Volljährigkeit sicher noch das ein oder andere Jahr entfernt. Bei der einen fand man im Stammbaum irgendwo jemanden aus Afrika, die andere versuchte ihre genetisch bedingte Blässe durch künstliche Effekte zu kaschieren. Kurz gesagt: beide farbig!
Plötzlich schellte der mobile Telefonapparat der echten Farbigen. Ich nenne sie mal...äh...Whitney. Rassistisch? Okay...dann Uwe. Auch nicht gut? Okay, okay. Nennen wir sie Clara.

Clara schaut auf´s Display, danach leicht erschrocken zu...äh...zu Melanie.
"Melli! Das ist Chantal!" 
Beide gucken gleichermaßen angewidert. Selbst ich kann Chantal schon jetzt nicht leiden!
Trotzdem nimmt Clara das Gespräch an.
Zunächst Blabla, kicherkicher, und so weiter. Doch dann wird´s ernst:
"Ja...äh...keine Ahnung. Melanie und ich sind gerade unterwegs. Ich weiß auch nicht..."
Oh je! Chantal sucht offenbar Anschluss. Die blöde Kuh!
"Soll ich Melanie mal fragen? Ja warte, ich frag´ mal."
Super Taktik! Unsympathische Entscheidungen immer auf andere abwälzen.
Clara geht sogar noch einen Schritt weiter: statt nur zu fragen drückt sie der Melanie gleich das Telefon in die Hand. Richtig so, soll die sich doch mit Chantal rumärgern!
"Ja, hallo? Hier ist Melanie."
Offensichtlich schildert Chantal nochmals ihre Absicht, sich den beiden anschließen zu wollen.
Melanie kommt nun spürbar in Erklärungsnot. Selbst ich wüsste nun nicht mehr weiter, würde vermutlich aufgeben und Chantal herzlichst zum gemeinsamen Beisammensein einladen.
Aber die Melli, die Königin der Improvisation, bringt das Totschlag-Argument:
"Du...wir wollen nachher irgendwie noch irgendwo hin!"

BAMM! Das hat gesessen! Tja, Chantal, aus die Maus. Hast wohl gedacht, da geht heute noch was?! Aber is´ nicht! Keine Chance! Oder doch?
"Ja, warte. Ich frag´ mal Clara."
Oha, Chantal lässt sich nicht so leicht abschütteln.
Was nun folgt, war irgendwie zu erwarten: tuscheltuschel...flüsterflüster...meckermecker (leise). Danach etwas schneller und energischer: tuscheltuschelflüsterflüstermeckermecker(sehrleise)!!!
Und als wäre nichts gewesen, setzt Melanie das Gespräch fort. Aber nicht irgendwie. Nein, nicht  unsere Melanie! Erneut haut sie einen Satz hinaus, der seinesgleichen sucht:
"Du, Chantal. Vielleicht können wir nicht einen Termin finden, wo wir alle Zeit haben."
Um Missverständnissen vorzubeugen, möchte ich noch mal deutlich auf das Wort "nicht" im vorangegangen Satz hinweisen. Genial!

Eigentlich war ja nun alles gesagt. Dennoch reicht Melli das Handy noch mal zurück zu Clara, die es sich nun nicht nehmen lassen will, in dieser Satz-Schlacht eifrig mitzuwirken:
"Du, Chantal, vielleicht geht es ja in zwei Wochen oder so. Dann ist auch meine Mama nicht da und wird das nicht mitkriegen."

Oha, überraschende Wende! War Chantal möglicherweise eine gesuchte Schwerverbrecherin? Oder Dealerin? Oder ein einsamer Fernfahrer namens Bernhard?
Nein, ich bleibe dabei: Chantal ist ´ne blöde Kuh! Die wäre mir auch nicht ins Haus gekommen!


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