Ein Blog aus Hamburg über Hamburg. Eine humorvolle Betrachtung des alltäglichen Treibens. Es geht um die Menschen und die Ereignisse in der Hansestadt. Die komischen Menschen und die komischen Ereignisse. Kleine Ereignisse in der großen Stadt. Leise Töne in einer lauten Umgebung. Amüsant, unterhaltend, manchmal wirr. Eben 'Tüdelkram from Hamburg'.



20. Mai 2013

Hamburg schnackt! Teil 2: Quiddje

Dank einer kräftigen Prise Einfallslosigkeit sowie einem ordentlichen Mangel an Inspiration wende ich mich bereits heute dem zweiten Teil meiner neuen Serie zu.
Da Episode Numero uno tatsächlich recht positiv von Euch aufgenommen wurde (ein Kommentar im Blog, ein "Streitgespräch" bei Facebook sowie drei "Likes" und dazu Neueinstieg in der Post-Rangliste auf Platz 13...Danke Euch!), geht mein kleiner, Hamburger Sprachkurs also tatsächlich in Serie. Selber schuld.

Dem Titel konntet Ihr es bereits entnehmen, der heutige Begriff lautet:


Sieht erst mal recht witzig aus. Klingt auch so (sprich: "Kwittje"). Gleich zu Beginn fällt das typische, Hamburger "Doppel D" ins Auge, das immer wieder gerne im Sprachgebrauch künstlich eingebaut wird (z.B. Bidde, Budder, Vadder, Mudda, Loddo, etc.). Im Fall von "Quiddje" wird es zur Abwechslung aber auch mal so geschrieben.

Und was heißt das nun? Also, es handelt sich hier weder um einen quallenähnlichen Elbe-Bewohner, der sich jedes Jahr im Frühling einen Spaß daraus macht, die Gäste in der "Strandperle" zu erschrecken (witzige Idee eigentlich), noch um einen unangenehmen Hautausschlag, dem man sich nach einer "Überdosis" Labskaus ausgesetzt sieht (eklige Idee eigentlich).
Nein, alles falsch. Die kurze Antwort lautet: ein Fremder bzw. Zugezogener!
Da ich an dieser Stelle aber noch längst nicht meine durchschnittliche Post-Wortanzahl erreicht habe, gehe ich natürlich noch etwas näher darauf ein.

Im Gegensatz zum Begriff des ersten Teils "Moin", beschränkt sich die Verbreitung des Wortes "Quiddje" tatsächlich nur auf den Hamburger Raum. So wundert es auch zunächst nicht, dass es im Duden nicht zu finden ist.
Immerhin ist hier aber wieder auf die Nerd-Bibel Wikipedia Verlass, wo ein paar wenige Erklärungen formuliert worden sind. Auch dort heißt es gleich zu Beginn "Fremder, Hochdeutschsprechender" und weiter "(...) im Hamburger Raum die halb scherzhaft, halb spöttisch verwendete Bezeichnung für zugezogene und neue Bürger". So weit, so klar.
Sehr interessant fand ich dann die mir bis dato unbekannte Herkunftsvariante: "(...) das Wort aus der Zeit stammt, als Auswärtige beim Betreten einer Stadt am Stadttor eine Gebühr entrichten mussten und dafür eine Quittung erhielten. Ein Quiddje wäre demnach jemand, der eine solche Quittung in der Stadt mit sich herumträgt". In meinen Augen eine sehr einleuchtende und schöne Erklärung. Leider weist die Quelle im selben Atemzug daraufhin, dass es hierfür keinen historischen Beleg (im Sinne von "Beweis", nicht "Quittung") gibt. Schade.

Aus eigener Erfahrung kann ich noch hinzufügen, dass dieser Begriff im täglichen Sprachgebrauch äußerst selten vorkommt. Man neigt für gewöhnlich doch eher zu umständlichen Formulierungen, wie zum Beispiel "der is' nich' von hier" oder "das is' doch 'n Pinneberger".

Wenn man den Begriff "Quiddje" behandelt, kommt man auch automatisch auf das Gegenteil zu sprechen. Wikipedia macht da ebenfalls keine Ausnahme.
Mir selbst war diesbezüglich bislang nur die Unterscheidung zwischen "gebürtiger oder geborener Hamburger" bekannt. Der eine (gebürtiger) ist jemand, der in Hamburg geboren ist. So wie meine Wenigkeit. Der andere (geborener) ist nicht nur selbst in Hamburg geboren, bei dem kommen auch noch (wenigstens) die Eltern aus Hamburg - entweder gebürtig oder geboren. Ist dabei belanglos, es sei denn, man will auch noch die Herkunft der Eltern ganz genau ermitteln. Aber das könnte man dann ja noch endlos so weiter führen.
Die nun schon mehrfach erwähnte Infoseite im Internet unterscheidet sogar zwischen drei Hamburger Titeln. Demnach gibt es nicht nur den gebürtigen (Erklärung wie oben) und den geborenen Hamburger ("Hamburger aus Überzeugung"), sondern auch noch "den Geborenen". Offenbar vergleichbar mit dem "Auserwählten". Er ist es, dessen Familie seit vielen Generationen ihre Familienplanung einzig und alleine auf Hamburger Territorium vollzogen hat und sich daher eine "(...) alteingesessenen und renommierte Hamburger Familie (...)" nennen darf.  
Hierbei wird übrigens noch auf entsprechende Parallelen zu anderen, deutschen Städten hingewiesen, wie zum Beispiel die Bezeichnungen Mainzer, Määnzer und Meenzer. Ich werde mir dies mal bei Gelegenheit von meinen Freunden aus dem in der Nähe befindlichen Bingen am Rhein und Umgebung erklären lassen. Liebe Grüße an dieser Stelle!

Um noch ein kleines, persönliches Fazit zu ziehen: sollte jemand von Euch tatsächlich mal als "Quiddje" bezeichnet werden, ist das wirklich nicht böse gemeint (es sei denn ihr kommt aus Hamburg...). Seht das lieber als lustige und vielleicht etwas oberflächliche Umschreibung Eurer Herkunft. Immerhin unterscheiden wir Hamburger nicht zwischen Türkei, Polen, Russland oder Bayern. Nein, nur zwischen Hamburg und dem Rest der Welt. 

Und ein Tipp noch zum Schluss: wenn Ihr aus dem Stand heraus einiges an Sympathiepunkten bei Hamburgern sammeln wollt (oder müsst?!), dann antwortet (sofern zutreffend) auf die Frage "Kommst du aus Hamburg?" stets mit "Nein, ich bin ein Quiddje!".
Nicht zu verwechseln übrigens mit dem Satz "Ich bin ein Berliner". Diese Antwort würde zwar auch Sinn machen und ist im Einzelfall vielleicht sogar richtig, sorgt aber nicht zwangsläufig für Jubelarien beim hanseatischen Eingeborenen.


3 Kommentare:

  1. Noch nie davon gehört, dachte es könnte eine Quarkmarke sein. Aber man lernt im Leben immer etwas Neues.

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    1. Quarkmarke...auch nicht schlecht :)
      Schau an, das wird hier noch ne richtige Wissens-Seite. Freut mich!

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  2. Haha, dann bin ich ja ein Quiddje :D Nur, dass ich nicht komplett Hochdeutsch spreche.. das hessische werde ich wohl immer behalten :)

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