Ein Blog aus Hamburg über Hamburg. Eine humorvolle Betrachtung des alltäglichen Treibens. Es geht um die Menschen und die Ereignisse in der Hansestadt. Die komischen Menschen und die komischen Ereignisse. Kleine Ereignisse in der großen Stadt. Leise Töne in einer lauten Umgebung. Amüsant, unterhaltend, manchmal wirr. Eben 'Tüdelkram from Hamburg'.



12. Juni 2017

Nicht noch einmal, Sam

Es gibt so Tage, da hat man schon morgens ein ganz ungutes Gefühl. So eine böse Vorahnung, dass heute etwas ganz Komisches passieren wird.
Es könnte daran liegen, dass man mit dem falschen Fuß zuerst aufgestanden ist. Oder weil der Kaffee zu dünn geworden ist. Oder weil im sanitären Bereich mal wieder das warme Wasser ausgefallen ist.
Oder aber weil man im Bus folgendes hört: "Er hat mir erzählt, dass er ganz viele Arbeitssachen von seiner Lohnsteuer runtergesetzt hat."
Wow, so eine Nummer muss man erstmal bringen. Ich bewundere ja Menschen, denen scheinbar gar nichts peinlich ist. Respekt!
Ich schenke mir an dieser Stelle die Richtigstellung der von vorne bis hinten falschen Äußerung und gehe direkt über zum Haupt-Akt.

Nach dem leidlichen Steuer-Wirrwarr sowie einer gewohnt unerquicklichen Bahnfahrt erreichte ich alsbald mein Ziel und verließ gerade das Bahnhofsgebäude von Fuhlsbüttel. Auch wenn Fuhlsbüttel der Flughafen-Stadtteil ist, so ist es hier, an der U-Bahn, sehr beschaulich und vergleichsweise ruhig. Seit Kurzem gibt es hier sogar ein gut besuchtes Eiscafé. Die Apothekerinnen gehen immer rüber zum Bäcker und holen sich ihr Frühstück. Und allmorgendlich parkt ein kleiner Lieferwagen mehr schlecht als recht vor dem türkischen Gemüseladen und liefert neue Ware an. Alles in allem hat das frühe Treiben hier etwas sehr Beschauliches. Normalerweise.

Quelle: Wikipedia.org
An diesem Dienstag hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, einen Beagle namens Sam kennen zu lernen. Er war heute, wie soll ich sagen, ganz besonders gut drauf. Bereits im Wartemodus an der Bushaltestelle lieferte er einen eindrucksvollen Beweis dafür, dass auch Tiere unter ADHS leiden können. Sein Frauchen war sichtlich überfordert. Sam zerrte an der Leine, jaulte und hüpfte wild herum. Es war dabei nicht klar zu erkennen, ob er jeden hier begatten oder auffressen wollte. Die wehrlose Bushaltestelle selbst war dabei ebenfalls betroffen. Es war keine Überraschung, dass es im Bus dann nicht gerade ruhiger wurde. Ganz im Gegenteil. Zumal sich die Personen um Sam herum in Anbetracht der nunmehr kurzen Distanz allmählich bedroht fühlten. Eine wohlgenährte ältere Dame, die sicherlich einen wahren Festschmaus für den Hund abgegeben hätte, flüchtete verständlicherweise in die hinteren Sitzreihen. In diesem Moment sagte eine Freundin des Frauchens: "Du hast aber ja schon ordentliche Fortschritte gemacht mit ihm", dabei auf das Tier deutend.
Ja doch, konnte ich nur bestätigen. Schließlich gab es bislang keine Toten oder Verletzten.

Am darauffolgenden Mittwoch erreichte ich Fuhlsbüttel zu einer fast identischen Uhrzeit. So war es dann auch wenig überraschend, dass an der Bushaltestelle bereits einer auf mich wartete: Sam. Wie schön. Kaffee hatte er aber nicht dabei. Und er wirkte etwas ruhiger als am Vortag. Woran das lag, sollte ich gleich selber sehen, denn hinter der Ecke lauerte eine Grundschulklasse. Laut, unsortiert und mindestens genauso aufgedreht, wie der gute Sam am Vortag. Ich selbst konnte mich gar nicht entscheiden, welcher Seite ich mich mehr zuwenden sollte: dem verrückten Kläffer oder den verrückten Kleinkindern. Schwierige Entscheidung. Ähnlich schwer, wie die Wahl zwischen Tod durch den Strang oder Tod durch die Guillotine. Ich versuchte daher, mich möglichst in der Mitte zu platzieren. Im Bus war das dann leider nicht mehr so leicht. Der Hund verharrte am Eingang, die Kinder waren...praktisch überall. Sogar Sam hatte ordentlich Muffe und blieb hinter seinem Frauchen in Deckung. Erstmals empfand ich so etwas wie Mitleid für ihn. Und gerne hätte ich mich auch hinter meinem Frauchen versteckt. Allerdings bezweifelte ich stark, dass meine Mutter so schnell zu Hilfe eilen konnte. Außerdem dürfte sich ihr Verständnis in Grenzen halten.
Ich will es schon mal vorweg nehmen: der Mittwoch sollte der Höhepunkt der Woche werden. Denn mit Crazy Dog und den kleinen Strolchen sollte heute noch lange nicht genug sein. Einige Stationen später kam noch etwas hinzu. Was fehlt in der Hitliste der unliebsamen Mitfahrer in ohnehin schon überfüllten Bussen und Bahnen? Genau: ein Kinderwagen. Als Eskorte hatte das Gefährt gleich noch zwei weitere Balgen am Start. Herrlich! Das Durchschnittsalter im Bus fiel nun unter die Volljährigkeit. Als besonderes Bonbon fuhr mir die Mutti mit dem Wagen beim Einsteigen sogar noch über den Fuß. Geil!

Donnerstag. Ich hatte mir gleich zwei Wecker gestellt und erreichte Fuhlsbüttel diesmal eine gute halbe Stunde früher als in den letzten Tagen. Sam? War nicht zu sehen. Die Schulklasse? Auch nicht. Dafür aber eine ANDERE Schulklasse. Herr im Himmel! Ist das der große Wandertag-Monat? Haben Hamburgs Grundschulen Sparwochen? Die Wander-Flat?
Meine Stimmung verabschiedete sich mit der Formulierung "Feierabend!" in Richtung Gesäß. Fest nahm ich mir vor, die kleinen Nervensägen nach Möglichkeit durchgehend strafend anzusehen. Tat ich auch. Zuerst den Kleinen mit dem Pflaster auf dem Auge. Dann den mit dem geschwollenen Augen. Dann das Mädchen mit der verbundenen Nase. Und schließlich den Jungen mit dem NYC Brooklyn-Cap.
Ach so, ihr kommt aus Billstedt. Ja ne, super. Alles easy. Viel Spaß und einen schönen Tag Euch!
Ich liebe Kinder...

Wo ist dieser gemeingefährliche Kläffer eigentlich, wenn man ihn mal braucht? Typisch!

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