Für
die Besprechung ernsthafter und bisweilen trauriger Themen bieten sich
meiner Meinung nach vielfältige Lokalitäten als Austragungsort an.
Beispielsweise das heimische Wohnzimmer, die heimische Küche, der
heimische Luftschutzbunker
oder auch eine abhörsichere Sauerstoffkuppel im heimischen
Swimmingpool. Hier spielt natürlich der persönliche (oder zumindest
tagesaktuelle) Geschmack eine durchaus entscheidende Rolle. Manchmal
auch einfach nur der persönliche Geldbeutel.
Welcher
Ort sich aber ganz Gewiss NICHT für derartige Gespräche eignet, ist
eine vollbesetzte U-Bahn im Hamburger Stadtgebiet an einem Montagmorgen
um 08:30 Uhr!
Dachte ich bislang jedenfalls...
Aufblende: eine vollbesetzte U-Bahn im Hamburger Stadtgebiet an einem Montagmorgen um 08:30 Uhr. Unser unscheinbarer und leicht angeschlagener Held steht nichts ahnend im eben genannten Gefährt. Wie gewohnt öffnen sich die Türen an der gerade erreichten Haltestelle. Zwei noch unscheinbarere und angeschlagenere Frauen betreten nahezu unbemerkt den Wagon und sollen unseren immer noch ahnungslosen Helden in wenigen Augenblicken aus der Fassung bringen.
Aufblende: eine vollbesetzte U-Bahn im Hamburger Stadtgebiet an einem Montagmorgen um 08:30 Uhr. Unser unscheinbarer und leicht angeschlagener Held steht nichts ahnend im eben genannten Gefährt. Wie gewohnt öffnen sich die Türen an der gerade erreichten Haltestelle. Zwei noch unscheinbarere und angeschlagenere Frauen betreten nahezu unbemerkt den Wagon und sollen unseren immer noch ahnungslosen Helden in wenigen Augenblicken aus der Fassung bringen.
"Hey, hallo! Na...ihr seht ja bedröppelt aus! Is´ was?"
Eine sich bereits im Wagen befindliche, blonde Frau spricht die Neuankömmlinge frisch und munter an.
Unser Held wird erstmals aufmerksam auf die Beiden. Zwangsläufig und nicht ganz freiwillig überlegt er sich, was man auf so eine Frage wohl am besten antworten könnte. Gerade hier, in der vollbesetzten U-Bahn. Vielleicht sowas wie "Nö, alles gut!" oder auch "Montag halt, hihi. Bin noch nicht ganz wach."
Oder für den Fall, dass es einem möglicherweise tatsächlich nicht so gut geht, irgendwas in Richtung "Ach, geht schon. Erzähle ich mal in Ruhe." oder auch "Lange Geschichte. Kann ich bei ´nem Kaffee mal erzählen."
Doch die angesprochene Dame wählt eine völlig andere Variante: "Ha, na das ist ja toll. Ist ja super, dass man mir das sofort ansieht!"
Leicht betretenes Schweigen bei der fragenden Blondine...sowie auch bei allen Umstehenden. Und während unser Held schon etwas ängstlich rätselt, was denn nun wohl kommt, da kommt es auch schon: "Mein Mann hat sich in eine andere Frau verliebt!"
Reflexartig fasst sich der Held an die Stirn. Die Kopfschmerzen folgen sicher gleich. Noch einmal geht er alle möglichen, angemessenen Antwortmöglichkeiten durch. Tausende fallen ihm spontan ein. Aber der eben gehörte Satz ist nicht dabei.
Eine unaufhaltsame Welle des Unwohlseins macht sich im ganzen Zugabteil breit. Nicht nur auf Grund der kürzlich vernommenen Information, sondern insbesondere in Anbetracht der Lautstärke. Auf einer Skala von 1 (Zeitungsrascheln) bis 10 (Grundschulkinder) der typischen U-Bahn-Geräusche wählte die "Verlassene" eine stattliche 7.
Die Menge schweigt und guckt. Die Blondine schweigt noch lauter. Unser Held, die Kopfschmerzen haben ihn bereits übermannt, reibt sich die Schläfe. Das Atmen fällt ihm schwer und er spürt Schweiß auf der Stirn. Er ist wehrlos, er kann nicht weg. Das Kryptonit leistet ganze Arbeit. Und es geht weiter.
"W...w...was?", stammelt die Blondine fast lautlos.
Unser Held rechnet nun mit dem Schlimmsten. Geheule, Gejammer, Gekreische. Detaillierte Beschreibungen der unsäglichen Umstände. Das ganze Drama in allen Einzelheiten. Wer, was, wann und warum. In dieser Situation sicherlich verständlich und nachvollziehbar, aber in jedem Fall absolut unerwünscht.
Doch die Verlassene überrascht erneut: "Tja, ja. Also die Wohnung ist noch nicht vermietet. Gestern habe ich erst mal fünf Stunden sauber gemacht."
Das Kryptonit wird offenbar stärker. Das Hörvermögen des Helden scheint zu schwinden. Oder sagte sie tatsächlich gerade, dass sie die Bude sauber gemacht hat?
In Anbetracht der wahrscheinlich starken Trauer der Verlassenen und unter Berücksichtigung ihres seelischen Befindens ist diese Antwort ganz sicher der...GRÖSSTE BLÖDSINN, den er je gehört hat! Nicht nur, dass diese Information generell uninteressant ist. Hinzu kommt noch, dass ja auch das Timing völlig daneben ist. Wenn überhaupt, kann man sowas irgendwo ganz am Ende zu Protokoll geben, aber doch nicht als Antwort auf die Einstiegsfrage.
Auch die Blondine scheint mit der Aussage nur mäßig zufrieden zu sein und hakt daher noch mal nach. Im Nachhinein betrachtet ein Fehler.
"Er war vier Wochen in Tschechien. Bei Ausgrabungen. Und da hat er sich in eine Tschechin verliebt."
Das war´s. Der Held hat keine Hoffnung mehr. Der Tod naht unaufhaltsam.
Aus-gra-bung-en? In Tsche-chi-en? Das kann doch nur ein Scherz gewesen sein! Entweder von der Verlassenen oder aber dem untreuen Ehemann selbst.
Oder hat sich unser Held, dessen Kräfte immer mehr schwinden, verhört? Sagte sie vielleicht ANgrabungen in Tschechien? Das würde, unter Berücksichtigung der Folgen, erheblich mehr Sinn machen. Ausgrabungen in Tschechien...na, wer´s glaubt?! Unser Held jedenfalls würde sich jetzt am liebsten EINgraben.
Langsam zwingt ihn das Kryptonit in die Knie. Seine Sinne und Kräfte schwinden. Das einzig Positive daran ist, dass er der Unterhaltung der Damen nicht mehr richtig folgen kann. Hinzu kommt auch, dass die Verlassene endlich ihre Lautstärke angenehm reguliert hat.
Nur noch verschwommen dringen die Sätze zu ihm durch. So hört er gerade noch, dass die Verlassene offenbar etwas aufgebracht über die Tatsache ist, dass der Verflossene sie lediglich auf telefonischem Wege über die neuen Lebensumstände informiert hatte. Gleichzeitig vernimmt er jedoch, dass der Göttergatte wiederum sauer ist, weil sie sich nicht mit ihm treffen will, um alles zu bereden.
Spontan fragt sich unser Held, wer in dieser Lovestory nun eigentlich wirklich der oder die Verrückteste ist und muss gleichzeitig an die Geschichte von dem Huhn und dem Ei denken. In jedem Fall ist er sehr froh darüber, dass sich diese beiden Menschen nicht mehr zusammen fortpflanzen werden.
Er spricht noch ein letztes Gebet und bereitet sich auf das Ende vor. Er kann nicht mehr.
Doch dann folgt unerwartet die Rettung: die Damen steigen an der nächsten Haltestelle aus.
Er atmet tief durch. Die Kopfschmerzen lassen nach und er spürt seine Beine wieder. Langsam nimmt er auch seine Umgebung wieder war. Das war knapp.
Als er sich vollständig erholt hat, schaut er verträumt aus dem Fenster.
Vielleicht sollte er seinen Kollegen Petr mal wieder kontaktieren. Mal fragen, was man in Tschechien so alles "ausgraben" kann. Am besten wäre es wohl, er würde gleich direkt hinfliegen. Dann könnte man das Ganze bei einem gepflegten Pilsner Urquell ausdiskutieren und sich die möglichen Objekte direkt vor Ort ansehen.
Ach Mist, hätte er die Verlassene doch bloß nach der Telefonnummer gefragt...der Telefonnummer ihres Ex. Der hätte sicher auch noch ein paar gute Tipps gehabt.
Langsam zwingt ihn das Kryptonit in die Knie. Seine Sinne und Kräfte schwinden. Das einzig Positive daran ist, dass er der Unterhaltung der Damen nicht mehr richtig folgen kann. Hinzu kommt auch, dass die Verlassene endlich ihre Lautstärke angenehm reguliert hat.
Nur noch verschwommen dringen die Sätze zu ihm durch. So hört er gerade noch, dass die Verlassene offenbar etwas aufgebracht über die Tatsache ist, dass der Verflossene sie lediglich auf telefonischem Wege über die neuen Lebensumstände informiert hatte. Gleichzeitig vernimmt er jedoch, dass der Göttergatte wiederum sauer ist, weil sie sich nicht mit ihm treffen will, um alles zu bereden.
Spontan fragt sich unser Held, wer in dieser Lovestory nun eigentlich wirklich der oder die Verrückteste ist und muss gleichzeitig an die Geschichte von dem Huhn und dem Ei denken. In jedem Fall ist er sehr froh darüber, dass sich diese beiden Menschen nicht mehr zusammen fortpflanzen werden.
Er spricht noch ein letztes Gebet und bereitet sich auf das Ende vor. Er kann nicht mehr.
Doch dann folgt unerwartet die Rettung: die Damen steigen an der nächsten Haltestelle aus.
Er atmet tief durch. Die Kopfschmerzen lassen nach und er spürt seine Beine wieder. Langsam nimmt er auch seine Umgebung wieder war. Das war knapp.
Als er sich vollständig erholt hat, schaut er verträumt aus dem Fenster.
Vielleicht sollte er seinen Kollegen Petr mal wieder kontaktieren. Mal fragen, was man in Tschechien so alles "ausgraben" kann. Am besten wäre es wohl, er würde gleich direkt hinfliegen. Dann könnte man das Ganze bei einem gepflegten Pilsner Urquell ausdiskutieren und sich die möglichen Objekte direkt vor Ort ansehen.
Ach Mist, hätte er die Verlassene doch bloß nach der Telefonnummer gefragt...der Telefonnummer ihres Ex. Der hätte sicher auch noch ein paar gute Tipps gehabt.
oh ja, die geschichten in hamburger ubahnen. legendär...
AntwortenLöschenich hatte mal ne oberstufenschülerin im wagen, die morgens um halb 8 auf dem schulweg in hier handy reinschrie. die scheiben klirrten und die türen vibrierten. Dabei benutze sie kraftausdrücke, die ich vor einem starken Kaffee nur ganz begrenzt ertragen kann.
Der Aufhänger der ganzen Geschichte war iwie ein Verweis, weil sie nicht in der Schule war und der daraus resultierende Stress im Elternhaus.
Die Situation wurde schließlich von einem Herrn um die 50 beendet: "Junge Dame, gehen Sie doch einfach zur Schule, auch im Interesse der anderen Fahrgäste"
Das war sooo großartig. Und ich bin diesem Mann auf ewig dankbar!
Moin EmKa!
LöschenTolle Geschichte, wäre auch was für meinen Blog gewesen.
Die öffentlichen Verkehrsmittel sind einfach eine tolle Bühne für unterhaltsame Laiendarsteller :)
Lese immer wieder gern, deine U-Bahn Geschichten, wie immer fluessig und unterhaltsam geschrieben als waere ich einer unter den Leidtragenden.....
AntwortenLöschenDanke, mein Lieber!
LöschenOh, ich fühle mich geehrt! :)
AntwortenLöschenIch hab' die Fragen vorhin schon mal überflogen, sehr interessant. Morgen Abend sollte ich Zeit genug für die Antworten haben.