Und es wäre trotz allem gerade noch so auszuhalten, wenn diese Leute nicht auch noch anfangen würden, die ungeschriebenen Gesetze der professionellen Personenbeförderung zu brechen.
Ungeschriebener Paragraph eins des ungeschriebenen Gesetzes: wer sitzt, wartet!
Es ist natürlich relativ viel verlangt, die auf zahlreichen In- und Auslandsflügen angeeignete Verhaltensweise beim Erreichen des Reiseziels abzulegen, aber ich möchte dennoch darauf bestehen. Apropos stehen, kommen wir zu dem Problem. Insbesondere in Bussen ist dieses Ärgernis oft und gerne zu beobachten.
Das Gefährt platzt mal wieder aus allen Nähten, jeder Sitzplatz ist besetzt und auch im Gang ist praktisch alles reserviert. Frauen mit kleinen Kindern machen sich ernsthaft Sorgen um das Überleben ihrer Nachkommen und Haustierbesitzer suchen verzweifelt nach dem, was eigentlich am anderen Ende der Leine sein sollte.
Und auch wenn nahezu jede Hilfsorganisation dieser Welt keinen Finger mehr für die Insassen krumm machen würde, so bleibt der Fahrer tatsächlich optimistisch gestimmt und steuert die nächste Haltestelle an. Beim Öffnen der hinteren Tür sterben zwei ABC-Schützen einen qualvollen Tod zwischen den Plexiglas-Scheiben, aber wenigstens alle anderen Passagiere scheinen gerettet zu sein. Erleichtert und froh schiebt sich die Masse dem Ausgang entgegen. Doch nur kurze Zeit später gerät die Kolonne ins Stocken.
Denn unsere lieben Sitzplatzinhaber tun genau das, was sie auch in jedem Urlaubsflieger zu tun gedenken. Das Gefährt steht, das Ziel ist erreicht, also müssen sie aufstehen. Und zwar sofort. Dass die Platzsituation im Gang völlig unverändert ist und alle Naturgesetze dafür sprechen, dass kein weiterer Körper hinein passt, scheint sie nicht im Geringsten zu interessieren. Die privilegierte Situation des Sitzens während der gesamten Fahrt reicht offensichtlich noch nicht aus, sie wollen auch die Ersten am Ausgang sein. Irgendwie verständlich, wenn man erstmal Blut geleckt hat. Dass dieses Blut von den armen Grundschülern stammt, die noch immer an der Tür kleben, merken sie aber scheinbar nicht.
Quelle: mopo.de |
Ungeschriebener Paragraph zwei des ungeschriebenen Gesetzes: wer öffnet, geht zuerst!
Nein, ich meine damit natürlich nicht den Busfahrer. Ich rede jetzt von U- und S-Bahnen. Egal, ob elektronisch oder manuell: irgendwer steht immer an der Tür und sorgt persönlich dafür, dass sich selbige öffnet. Meiner Meinung nach keine allzu große Leistung, die ich ganz und gar nicht überbewerten will. Trotzdem gestehe ich dieser Person das unangefochtene Recht zu, als erster durch die Pforte zu schreiten. Schon alleine deshalb, weil er oder sie ja nun mal direkt davor steht. Sowohl vor der Tür an sich als auch, von der gegenüberliegenden Seite betrachtet, vor allen anderen Passagieren. Es ist also nicht nur ein Zeichen von Respekt ("Meister, ihr habt den Weg frei gemacht. Geht voran, wir folgen Euch!") und Höflichkeit ("Ihr steht an der Pole Position. Also bitte, nach Euch."), sondern die einzig logische Vorgehensweise.
Heute Morgen jedoch traf ich auf eine Jack-Wolfskin-Jacke mit männlichem Inhalt, die das irgendwie anders sah. Kaum hatte ich das Hindernis ohne elektronische Hilfsmittel mit reiner Muskelkraft zur Seite geräumt, da kam diese Jacke aus dem Hinterhalt angeprescht und wollte sich an mir vorbei mogeln. Da ich jedoch von Natur aus mit dem Körper eines Profi-Fußballers, etwa zehn Jahre nach seinem Karriere-Ende, ausgestattet bin, blieb die Jacke an mir hängen. Nebenbei bemerkt übrigens an meiner Schulter, nicht an meiner Hüfte.
Aber darum geht es jetzt gar nicht. Es geht hier um diesen Akt der Unfreundlichkeit, den ich entschieden verurteilen will. Hätte der Typ mir wenigstens ein Trinkgeld zugesteckt oder einfach "Danke" gesagt, hätte ich unter Umständen vielleicht noch ein Auge zugedrückt. Aber nichts dergleichen. Stattdessen drängelte er auch noch die ganze Zeit hinter mir auf dem Bahnsteig, weil er die wahnwitzige Idee mit dem Überholen immer noch nicht abgelegt hatte. Normalerweise geht mir sowas im wahrsten Sinne am Allerwertesten vorbei, aber in diesem Fall machte ich in bester Vettel-Manier die Innenbahn dicht und zwang ihn fast zu einer Karambolage mit der Sitzbank am rechten Rand. Irgendwie hat es das schlüpfrige Scheißerchen dann aber doch an mir vorbei geschafft. Tolle Leistung. Und mit Blick auf meine Körpermaße sogar irgendwie beruhigend.
Ungeschriebener Paragraph drei des ungeschriebenen Gesetzes: die Nähe des Sitzplatzes zum Fenster verhält sich proportional zum Fahrgastaufkommen!
Hä, bitte was? Ganz einfach: ist das jeweilige Gefährt gut gefüllt, dann setz dich gefälligst ans Fenster und mach den Gangplatz frei!
Das ist einer ausgewogenen und gerechten Platzverteilung sehr zuträglich und nebenbei bemerkt auch einfach sehr nett. Gerade in Bussen wagt es ansonsten niemand, sich an der humanen Barrikade vorbei zu quetschen. Und das Ende vom Lied ist dann, dass fünf Personen auf einem Gangplatz hocken und gleichzeitig fünf Personen blöd rumstehen.
Die sich dahinter verbergende Problematik scheint offensichtlich: wir wollen einfach nicht mit unseren Mitmenschen reden. Wir meiden den Sitzplatz, um nicht in die Situation zu kommen, unseren Sitznachbarn bitten zu müssen aufzustehen und wir bleiben lieber stehen, als dass wir den Sitzenden fragen, ob wir "mal vorbei dürfen".
Aber stellt euch bitte folgende Situation vor: ihr sitzt am Fenster und der Platz neben euch ist besetzt. In diesem Moment erreicht Ihr eine Haltestelle, an der gerade (für Frauen) ein offensichtlich geistig verwirrter Schuhverkäufer wie wild mit Manolo Blahniks um sich schmeißt oder aber (für Männer) ein offensichtlich geistig umnachteter Baumarktangestellter Werkzeug in allen Farben und Größen verteilt. Ich denke, in solch einem Moment könnte sogar Mike Tyson neben euch sitzen, der sich kurz zuvor mit den Worten "Ich stehe erst wieder auf, wenn Las Vegas am Horizont zu sehen ist!" niedergelassen hat und gerade ein Nickerchen macht.
Also bitte, setzt euch ans Fenster!
Die ungeschriebenen Paragraphen Nummer vier bis zehn des ungeschriebenen Gesetzes befassen sich überwiegend mit dem angemessenen, äußeren Erscheinungsbild von Fahrgästen und geben darüber hinaus nützliche Tipps für die eigene Körperhygiene.
Aber das würde an dieser Stelle vielleicht doch etwas zu weit führen...und besonders lustig ist es auch nicht.
Ich DANKE dir für diesen Beitrag! Himmelherrgottnocheins, wie jedes Wort einfach mal wahr ist!
AntwortenLöschenMoin Ann-Sophie!
LöschenSchlimm, oder? :) Und ich danke Dir für Deine Anteilnahme.
Mit dem Fahrrad zur Arbeit ist für dich, den Ex-Fußballprofi, wohl keine Alternative? Die Geschichte mit der Jack-Wolfskin-Jacke musst du mir mal in aller Ruhe erzählen.
AntwortenLöschenMoin!
AntwortenLöschenFür Rückfragen stehe ich jederzeit gerne zur Verfügung :)
Die mit dem Fahrrad kann ich aber gleich beantworten: nein, eher nicht. Schon gar nicht bei dem Wetter...