Egal, zu welcher Tageszeit man eine Tour durch die Hansestadt plant, scheinbar ist man jedes Mal der Letzte, der auf diese Idee gekommen ist. Alle anderen sind schon da.
Anfangs dachte ich, dass die Verantwortlichen der TSG Hoffenheim jede Menge Spione vor dem Heimspiel gegen den HSV in den Norden geschickt haben. Bis mir aber auffiel, dass die verdächtigen Personen ganz und gar nicht wie Fußballinteressierte, geschweige denn -Fans aussahen. Außerdem entpuppten sich die auffälligen, blau-weißen Modeaccessoires zwar als eine Art Schal, jedoch hatten diese ebenfalls nicht das Geringste mit Sport zu tun.
Um es endlich aufzulösen: Evangelischer Kirchentag 2013 ist das Stichwort. Oder wie ich es nenne: Invasion der Blauschals!
Schauplatz: Hamburg, Farbe: blau-weiß, Foto: dpa |
Um kurz auch etwas Wissenswertes zu vermitteln: diese blau-weißen Tücher ziert der Slogan "Soviel du brauchst". Dies ist eine Anspielung auf das 2. Buch Mose, Kapitel 16, Vers 11-18. Die Bibelfesten unter Euch wissen, wovon ich rede. Für alle anderen, mich eingeschlossen, hier ein kurzer Auszug aus der eben genannten Textstelle, wobei ich eine möglichst leicht verständliche Formulierung gewählt habe: "Das ist's aber, was der HERR geboten hat: Ein jeder sammle, soviel
er zum Essen braucht, einen Krug voll für jeden nach der Zahl der Leute
in seinem Zelte. Und die Israeliten taten's und sammelten, einer viel,
der andere wenig. Aber als man's nachmaß, hatte der nicht darüber, der
viel gesammelt hatte, und der nicht darunter, der wenig gesammelt hatte.
Jeder hatte gesammelt, soviel er zum Essen brauchte."
Oder vereinfacht ausgedrückt: viel für die Dicken, wenig für die Dünnen. Oder so ähnlich.
Na jedenfalls war und ist es ein lustiger Anblick, all diese Pilger in unserer Hansestadt zu beobachten. Nahezu alle sind, abgesehen von den bereits mehrfach erwähnten Tüchern, zusätzlich mit überdimensionalen Stadtplänen ausgestattet und wandern vorzugsweise zwischen Hafen, Innenstadt und Messegelände hin und her. Überraschend viele dieser christlichen Gäste stiegen übrigens an der Haltestelle "St. Pauli" aus. Ob sie hinter dem vermeintlich heiligen Namen ganz besonders tolle Kirchenevents erwartet haben oder aber diesen Sündenpfuhl bekehren wollten, bleibt ungeklärt.
Kurzentschlossene können sich noch bis zum morgigen Sonntag unter die Gläubigen mischen, von denen es meiner Meinung nach in der Stadt momentan mehr gibt, als man eigentlich braucht (den Spruch MUSSTE ich einfach bringen).
An dieser Stelle aber noch ein schneller modischer Tipp: natürlich sieht es etwas flotter und lässiger aus, wenn man sich das Kirchentags-Tuch um den Kopf wickelt. Hat in meinen Augen zwar auch einen etwas militärischen Touch (insbesondere wenn auf der Stirn dann nur die Kreuze zu sehen sind), liegt aber ohne Frage durchaus im Trend.
Aber Obacht, checkt vorher noch mal ganz genau, was Ihr dann so auf der Stirn durch die Gegend tragt. So sah ich beispielsweise eine junge Blondine, der mehr als deutlich das Wort "bra" (Englisch: BH) quasi ins Gesicht geschrieben stand. Als ihr Pony auch noch ungünstig fiel, wurde das halbe, folgende "u" freigelegt, das anfängliche "b" jedoch zur Hälfte (oben) verdeckt. Auch ohne Phantasie und pubertäres Gemüt las man nun "oral"...zugegebener Maßen mit einem ungewöhnlich unrunden "o" und einem zu kurz geratenen "l". Trotz allem unverkennbar. Und wenn ich mir die besagte Blondine gerade noch mal ins Gedächtnis rufe: möglicherweise doch gewollt.
Na jedenfalls mache ich drei Kreuze, wenn der Kirchentag endlich vorbei ist (auch dieses Wortspiel konnte ich Euch einfach nicht vorenthalten).
Ich möchte nun noch schnell auf eine weitere Neuigkeit in Hamburg hinweisen. Seit einigen Tagen gibt es nämlich wieder neue Haltestellenansagen in Hamburgs U-Bahnen. Also neue Stimmen, meine ich. Die Haltestellen selbst haben sich ja nicht geändert.
So trällert, neben einigen ausgewählten bzw. ausgelosten Hamburger Bürgern und Bürgerinnen, auch manch Prominenter zehn Wochen lang ausgesuchte Ansagen über den Lautsprecher. Selbst gehört habe ich bislang Jasmin "Blümchen" Wagner ("Jasmin Wagner sagt an. Nächste Haltestelle: Feldstraße" - wie originell) und Jan Delay ("Nächster Halt: Hoheluftbrücke. Oh Yeah" - Das "Oh Yeah" singt er...als hätte man sein Genäsel bis dahin noch nicht erkannt). Des Weiteren sollen Udo Lindenberg (Mönckebergstraße), Smudo (Christuskirch), Jan Fedder (St. Pauli...scheine ich bislang verpasst zu haben. Oder er nuschelt.) und Lotto King Karl (Saarlandstraße) ihre Stimmen zur Verfügung stellen.
Finde ich eigentlich ganz witzig. Den letzten Gag dieser Art erlaubte sich der HVV im Jahre 2006, aus Anlass der Fußballweltmeisterschaft im eigenen Lande. Damals waren die Kinderstimmen von Nils, Tobias, Christina und Khanh zu hören. Auf Grund des damaligen Erfolges waren die Lütten auch viel länger zu hören als ursprünglich geplant.
Die diesjährige Aktion jedoch hat ein feststehendes Ende. Denn ab Juni 2013 wird es dann eine einheitliche, neue Ansage geben. Bislang war, wie auch in vielen anderen deutschen Städten, die Stimme
von Ingrid Metz-Neun zu hören, ursprünglich bekannt als
Synchronsprecherin von Marilyn Monroe. Nachfolgerin wird nun die NDR-Moderatorin Anke Harnack, die sich die Wahl ihrer Stimme wie folgt erklärt: "Ich glaube, sie ist sehr warm und deutlich, ohne jeden Akzent, und klingt sehr freundlich."
Wie langweilig...
v.l.n.r.: Carlo, Anke und Lotto (Quelle: abendblatt.de) |
UPDATE 07. Mai 2013:
Hab heute endlich die Ansage von Jan Fedder bewusst miterleben dürfen ("Nächster Halt: St. Pauli. Viel Spaß!" - das passt.). Er klingt dabei auch wieder so, dass man sich fragt, ob er gerade aufgestanden oder aber immer noch auch Zechtour unterwegs ist.
Außerdem habe ich noch Roger Willemsen identifizieren können: "Nächster Halt: Eppendorfer Baum. Wenn Sie es schön haben wollen, müssen sie hier aussteigen." Ja, passt auch.
Weiterhin gute Fahrt!
Bin gespannt auf meinen nächsten Hamburg-Besuch. Am Anfang gingen mir die Kinderstimmen auf den Geist, nach und nach fand ich sie gut. Schade, dass sie jetzt ersetzt werden, bin gespannt wie diese sich anhören. Du magst Jan Delay nur nicht, weil er Werder-Fan ist ;)
AntwortenLöschenHab doch gar nicht gesagt, dass ich Jan Delay nicht mag. Aber jetzt, wo ich weiß, dass er Werder-Fan ist, überlege ich mir das noch mal :)
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