Ein Blog aus Hamburg über Hamburg. Eine humorvolle Betrachtung des alltäglichen Treibens. Es geht um die Menschen und die Ereignisse in der Hansestadt. Die komischen Menschen und die komischen Ereignisse. Kleine Ereignisse in der großen Stadt. Leise Töne in einer lauten Umgebung. Amüsant, unterhaltend, manchmal wirr. Eben 'Tüdelkram from Hamburg'.



8. Juli 2013

Anleitung Reeperbahn

Mit Schrecken fiel mein Blick heute auf den Kalender. Da ist doch tatsächlich schon wieder eine ganze Woche ins Land gegangen seit meinem letzten Blog-Post.
Vom schlechten Gewissen angetrieben habe ich mich nun also trotz des guten Wetters und der späten Stunde an den Rechner gesetzt. Ist ja schon ein bisschen was passiert in den letzten Tagen, irgendein nettes Thema sollte sich da finden. Ich habe ja schließlich nicht ohne Grund so lange nichts von mir hören lassen, sondern war in der Tat ganz gut mit anderen Dingen beschäftigt.

Während meines Brainstormings hinsichtlich der heutigen Themenauswahl schaute ich noch auf ein paar bekannten Seiten vorbei, unter anderem auch mal wieder auf mopo.de.
Und was musste ich denn dort schon wieder lesen? Erneut ein Artikel zur Problematik "Abzocke auf dem Kiez". Was ist denn da schon wieder los?
Na jedenfalls habe ich mein Brainstorming spontan abgebrochen und erachte es als erforderlich, hier mal kurz ein paar Worte über den Kiez zu verlieren. Ärger und Probleme stehen in einem Rotlichtbezirk natürlich immer an der Tagesordnung, aber es müssen ja nicht unbedingt die Leser meines Blogs darin verwickelt werden. Wäre ja auch eine ziemlich schlechte Werbung für mich...

Ich beginne mal mit einer kleinen Zusammenfassung der Mopo-Nachrichten der letzten Tage.


Lady Marmalade

Moulin Rouge

Barracuda Bar
In den oben abgebildeten Etablissements der Reeperbahn, allesamt sogenannte Tabledance-Bars (leicht bis gar nicht bekleidete Damen tanzen auf den Tischen), wurden in den letzten Wochen gleich mehrere Personen übers Ohr und auch auf die Nase gehauen.
In allen Fällen wurden ungefragt überteuerte Getränke serviert oder aber durch anhängliche Damen auf Kosten der ahnungslosen Touristen bestellt. Da tauchten beispielsweise Sektflaschen für 500 € oder auch Orangensaft (ein Glas) für 30 € auf der Rechnung auf.
Insbesondere in der "Barracuda-Bar" herrscht Sodom und Gomorra. Seit 2012 hagelte es bereits 70 Anzeigen dieser Art. Außerdem wurden Fälle bekannt, in denen die Opfer betäubt und mittels entwendeter EC-Karten um einige tausend Euro erleichtert wurden.

Das muss doch nicht sein! Darum möchte ich Euch ein paar kurze, einfache und hoffentlich hilfreiche Tipps und Tricks für den Kiez mit an die Hand geben.

Gute Seite, böse Seite
Ausnahmen bestätigen natürlich mal wieder die Regel und man kann nicht alles über einen Kamm scheren, aber dennoch gilt tatsächlich die Faustregel: linke Kiezseite ist gut, rechte Seite ist böse!
Aber wo ist links und wo ist rechts? Ich orientiere mich natürlich nach dem Anfang der Reeperbahn und somit praktischer Weise nach der Hausnummer eins. Und dabei handelt es sich seit Neuestem um die "Tanzenden Türme". Sie stehen auf der linken Seite der Reeperbahn. Ebenfalls auf dieser "guten Seite" finden sich beispielsweise das Operettenhaus, die Davidwache (Hauptindiz für die gute Seite würde ich sagen), die legendäre Esso Tankstelle, der Hans-Albers-Platz, die Kult-Kneipe "Zum Silbersack" und im weiteren Verlauf natürlich auch die HSV-Fankneipe "Tankstelle".
Die "böse Seite" gegenüber beherbergt praktisch alle Tabledance-Bars sowie unter anderem auch die Boxerkneipe "Zur Ritze", McDonald´s, das Casino, den legendären Penny-Markt, Susis Showbar sowie die Seitenstraßen "Große Freiheit" und "Hamburger Berg". Die aufgezählten Einrichtungen dienen wie gesagt nur der Orientierung und stellen keinerlei Wertung dar.
Auf der bösen, rechten Seite darf man sich die Clubs, die man betreten will, vorher ruhig mal etwas genauer ansehen.

Koberer
Dieser traditionelle Beruf bezeichnet die Herren (und manchmal auch Damen) die vorzugsweise vor Tabledance-Bars stehen und versuchen, die vorbei ziehenden Menschenmassen in ihre Läden zu locken. Koberer sind natürlich nicht grundsätzlich schlecht, genauso wenig wie jeder "Nackt-Schuppen" böse ist. Aber sie sind natürlich ein Aushängeschild. Und wenn Euch der Koberer schon komisch vorkommt, dann ist es der Laden mit Sicherheit auch.
Ein solcher Herr rief zum Beispiel meinen Freunden und mir mal sehr malerische und lebhafte Animationen hinterher, um uns in einen solchen Laden zu locken. Die genaue Wortwahl kann ich hier beim besten Willen nicht wiedergeben. Nehmen wir aber mal spaßeshalber an, der nette Herr wäre kein Koberer sondern ein Gemüseverkäufer auf dem Fischmarkt gewesen, dann hätte das ungefähr so geklungen: "Na Männers, kommt mal her. Hier gibt es lecker Gemüse in allen Farben. Könnt ihr aufreißen, auffressen, zermatschen oder was auch immer ihr wollt. Mir egal. Ihr könnt richtig Spaß haben mit dem ganzen Gemüse. Hier zum Beispiel, der Blumenkohl: da könnt ihr oben reinbeißen oder unten, vorne und hinten. Na greift schon zu!"
Also ICH würde dem Kerl keinen Blumenkohl abkaufen...und schon gar keine Bananen.

Animierdamen
Auf diese Frauen trifft man zum Beispiel in den viel gescholtenen Tabledance-Bars. Sie rücken einem ziemlich auf die Pelle und quatschen drauf los. Meistens kommen erst mal ein paar Komplimente oder Schmeicheleien und früher oder später wird dann nach der Einladung zu einem Getränk gefragt. Kann man natürlich machen, ist erst mal nichts gegen zu sagen. Man muss sich aber bewusst sein, dass es in solchen Läden immer zwei unterschiedliche Getränkekarten gibt: einmal die normale Karte und dann noch die Karte "Getränke für Damen des Hauses". Die Preise unterscheiden sich natürlich erheblich. Zahlt man selbst für eine Cola vielleicht 4 oder 5 Euro, so kostet das identische Getränk für eine solche Dame mal locker 20 Euro oder mehr.
In seriösen Läden, wie beispielsweise "Susis Showbar", werden diese Sonderpreise klar und deutlich ausgezeichnet. Aber auch, wenn in einem solchen Laden scheinbar nur eine einheitliche Karte existiert (und ganz besonders dann!), könnt Ihr davon ausgehen, dass Euch eine Lokalrunde Piccolos mal eben einen Monatslohn kosten wird.

Prostituierte
Verwirrender Weise befinden sich diese Damen auf der linken Kiezseite. Jedenfalls die "Außendienstmitarbeiterinnen". Jeden Tag ab 20 Uhr. Der Bereich geht los bei Burger King (noch verwirrender Weise direkt gegenüber der Davidwache), die Davidstraße hoch und auf der anderen Seite der Herbertstraße dann weiter quer über den Hans-Albers-Platz verteilt.
Diese Damen sind unter anderem für ihre Hartnäckigkeit berühmt. Sie krallen sich am männlichen Zielobjekt fest und scheinen nie wieder loslassen zu wollen. Ausreden wie zum Beispiel "Ich habe eine Freundin!", "Ich hab' heute schon!" oder "Ich habe keine Zeit!" haben keinerlei Wirkung. Selbst die Formulierung "Ich habe kein Geld!" wirkt nicht, weil es einfach unglaubwürdig ist.
Das einzige, was hilft, ist der Spruch "Ich bin schwul!" oder auffälliges Husten und Keuchten, um eine ansteckende Krankheit vorzutäuschen. Solltet Ihr in einer größeren Gruppe unterwegs sein, bei der auch Frauen dabei sind, bietet sich auch an, eine von diesen an die Hand oder in den Arm zu nehmen. Unverzüglich wird man für die Bordsteinschwalben unsichtbar.
Kleiner Tipp noch: nach Möglichkeit immer freundlich bleiben. Andernfalls zieht Ihr immer den Kürzeren. Woher ich das weiß? In meiner langjährigen, semi-professionellen Kiez-Karriere hatte ich bislang nur eine einzige, handgreifliche Auseinandersetzung: die gepfefferte Ohrfeige einer Prostituierten. Was soll man da machen? Zum einen schlägt man natürlich keine Frauen und zum anderen spürt man auch schon die angriffslustigen Blicke der "Kolleginnen" im Nacken.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass insbesondere auf dem Albers-Platz auch gerne mal die "Arbeitgeber" in der Nähe sind.
Und natürlich noch der wichtigste Tipp von allen: nicht mitgehen! Ich kann die ganzen Horrorgeschichten über dunkle Hinterzimmer mit dort wartenden Muskelprotzen natürlich nicht bestätigen. Aber ich stand schon mal hinter einer mehr als verdächtig wirkenden Blondine am Geldautomaten und konnte zufällig sehen, wie sie 500 Euro abhob. Weißt Bescheid?!

Sollte übrigens tatsächlich mal jemand von Euch eine derartige Unternehmung planen (und ich kann kaum glauben, dass ich hierzu tatsächlich einen Ratschlag gebe), dann empfiehlt es sich doch eher, die "Innendienstmitarbeiterinnen" aufzusuchen. Also die Herbertstraße oder eines der sogenannten "Laufhäuser" (auf der rechten Seite zu finden). In diesen Etablissements gab es zwar dann und wann auch schon zwielichtige Vorkommnisse, im Großen und Ganzen geht es hier aber etwas seriöser zu.

Im Folgenden noch ein paar schnelle, generelle Hinweise:
  1. dicke, teure Autos (überwiegend mit PI-Kennzeichen), die mitten auf dem Kiez parken, solltet Ihr wie rohe Eier behandeln und darüber hinaus auch im desorientierten Zustand des betrunken seins möglichst jede Berührung vermeiden
  2. Türsteher sind immer im Recht
  3. niemals mit dem Barpersonal anlegen
  4. Leute, die gefährlich aussehen, sind es meistens auch
  5. Frauen, die irgendwie nicht wie typische Frauen aussehen, sind meistens auch keine
  6. solltet Ihr Euch in einem Laden mal nicht so willkommen und irgendwie anders als die anderen fühlen, dann seid Ihr es meistens auch
Aber frei nach dem Motto "No risk, no fun!" ist die Reeperbahn natürlich immer einen Besuch wert, vermutlich der coolste Ort der Welt und in 99,99 % der Fälle ein riesen Spaß!
Zur Wiedergutmachung angesichts der Horrormeldungen und zur Einstimmung auf die nächste Kieztour gibt es jetzt zur Abwechslung noch was Angenehmes auf die Ohren.
Und in diesem Sinne schließe ich mit den U-Bahn-Worten des legendären Jan Fedder: "Nächster Halt: St. Pauli. Viel Spaß!"


 
Video läuft nicht? Dann guckst Du hier: https://www.youtube.com/watch?v=M-RTO_Omcpw
 


3 Kommentare:

  1. Deine Ratschläge oder Hinweise zu Kiez gelten doch auch für das normale Leben, finde ich ;)

    Du hast mal eine Ohrfeige von einer Prostituierten bekommen? Haha, ausgerechnet der nette, "tighte" Maddin?

    Ist mir in den 4-5 Jahren auch aufgefallen, dass da einen Zusammengehang geben müsste, aber nachdem du mir mit der rechten und linken Seite aufgeklärt hast, ist mir nun einiges klarer geworden:)

    Schöne Metapher mit dem Gemüse :)

    Und zu guter Letzt: Wenn Du schon nach einer Woche ein schlechtes Gewissen hast, weil du nichts gebloggt hast, was ist dann mit mir? :D

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    1. Hey, schön mal wieder was von Dir zu hören! Dachte schon, Du bist nach Wien ausgewandert ;)
      Danke für den Kommentar...ist doch ein auch gutes Schreibtraining für Deinen Blog, oder?! :)

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  2. Arbeit macht das Leben süß, ohne Arbeit ist es mies!

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